Lasst euch nicht durch Keywordsets einschränken

Keywordlisten können SEO-Projekte gefährden

Die meisten SEO-Kampagnen starten nach dem selben Muster. Noch bevor der SEO seine Arbeit aufnimmt, überreicht der erwartungsfrohe Kunde eine Liste mit mehr oder weniger generischen Begrifflichkeiten und fügt „Für diese Wörter will ich gefunden werden“ als Kommentar hinzu. Die Absicht, die hinter diesem initialen Schritt liegt, ist absolut einleuchtend. Sinnvoll ist sie jedoch meistens nicht.

Der Kunde erwartet ab genau diesem Zeitpunkt, dass seine Website auf diese Begriffe „optimiert“ wird. Die natürliche Reaktion wäre nun, das auch so umzusetzen. Es darf jedoch gehofft werden, dass die ausführende Agentur genau dies nicht tut. Stattdessen sollte dem Kunde offen und ehrlich kommuniziert werden, dass man seine Wünsche zwar ernst nimmt und respektiert, gleichzeitig aber auch eine intensive Prüfung der Keywordliste vornehmen wird, um eine gute Grundlage zur Erreichung des bestmöglichen Ergebnisses zu schaffen. Es steht zwar außer Frage, dass die Musik von demjenigen bestimmt wird, der bezahlt. Allerdings geht es vor allem darum, dass derjenige am Ende auch noch bezahlen kann.

Doch was ist denn nun so schlecht an einem definierten Keywordset? Schließlich bildet es doch eine solide Arbeitsgrundlage, an der sich der SEO orientieren kann. Der Fokus kann auf einige wichtige Begriffe gelegt werden und so wird doch schließlich der Erfolg beinahe schon garantiert … oder nicht?

1. Ein kleiner Ausschnitt der Realität

Ein Keywordset schränkt den Blick auf die Realität immens ein. Verliert der SEO aufgrund einer vordefinierten Liste den Blick für das große Ganze, besteht die Gefahr, dass die gesamte Kampagne vor die Wand läuft.

Die Website eines recht durchschnittlichen Unternehmens ist in den meisten Fällen für hunderte Begriffe und noch viel mehr Kombinationen auffindbar. Wird die Website größer und bietet mehr Content an, steigt auch die Anzahl möglicher Begriffe und Begriffskombinationen, für welche diese Website aufgefunden werden kann.

Selbstverständlich kann auch jede dieser Kombinationen grundsätzlich zu einem Klick und somit einem Besucher führen. Denn welcher Begriff oder welche Kombination gerade interessant ist, entscheidet einzig der Besucher mit seiner Intention und seiner Suchanfrage.

Betrachtet man jedoch nun ein Keywordset von 20 oder 30 Begriffen, wird schnell deutlich, dass dies nichts mit der Realität zu tun haben kann. Denn eine Website wird eben nicht nur für 20 oder 30 Begriffe gefunden, sondern im Zweifel über tausende. Konzentriert sich der SEO lediglich auf diese „wichtigen“ Begriffe, gerät der Erfolg der gesamten SEO-Kampagne in Gefahr.

2. Das Keywordset führt zur „Ein Keyword-Eine Seite“-Falle

Im Jahre 2018 sollte sich überall die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass es längst nicht mehr zielführend ist, ein Dokument auf lediglich ein bestimmtes Keyword zu optimieren. Stattdessen gehen hier und da SEOs dazu über, den umschwärmten Begriff in all seinen Formen und Abwandlungen zu verwenden. Das Ergebnis sieht dann meist sehr ulkig aus, auch wenn von Lesbarkeit kaum die Rede sein kann.

Die korrekte Reaktion wäre an dieser Stelle die Verwendung des Keywords als Basis des Dokuments. Es kann durchaus das Thema der Seite definieren, nicht jedoch deren Mittelpunkt bilden, der brav in jede Überschrift gestopft wird. Nehmt das Keyword als Grundlage, um weitere Begriffe zu finden, Kombinationen zu entdecken und mit den Begriffen zu spielen. Analysiert Suchtrends und untersucht – wenn es denn sein muss – Suchvolumina. Arbeitet mit dem Keyword und verwertet es nicht einfach.

3. Ein Keywordset sagt nichts über die Leistung aus

Meist dient das mit dem Kunden abgestimmte Keywordset gleichzeitig auch als „Messinstrument“ und Kommunikationsgrundlage. Anhand der Begriffsliste werden in regelmäßigen Abständen – meist wöchentlich – unter Zuhilfenahme eines mehr oder minder geeigneten Keyword Tracking Tool die Rankings eben dieser Begriffe bestimmt. Das Ergebnis findet sich dann in einem Reporting wieder, welches dem Kunden den Erfolg der bisherigen Bemühungen suggerieren soll. Allein schon aus Punkt 1. ergibt sich zwingend, dass auch dies in keinem Falle die Realität wiederspiegelt.

Selbstverständlich können für ein paar Begriffe regelmäßig Rankings bestimmt werden. Doch allein schon diese Zahlen entsprechen in den meisten Fällen nicht der Wirklichkeit. Selbst wenn der betreuende SEO wirklich gute Zahlen präsentieren kann, sagt dies noch lange nichts über den tatsächlichen Erfolg für den Kunden aus – und über die Fähigkeiten des SEOs ebenso wenig. Ein gut positioniertes Keyword, welches mangels Suchinteresse so gut wie keinen Besucher auf die Seite lockt, poliert die Statistik zwar auf beeindruckende Weise auf. Für den Inhaber der Website, der mit eben jener Geld verdienen möchte, ist es jedoch nicht einmal einen Bruchteil der monatlichen Zahlungen an die Agentur wert.

4. Aufpassen, wenn das Keywordset vom Kunden vorgegeben wird

Besteht der Kunde auch nach gutem Zureden auf seine Wunschbegriffe, hilft im Grunde nur noch die schriftliche Absicherung durch den SEO. Die Ausnahme bilden freilich diejenigen SEOs, die bereit sind, für eine lupenreine Katastrophe den Kopf hinzuhalten. Auch wenn der Kunde sich noch so sehr wünscht, für einen bestimmten Begriff gefunden zu werden, zählt am Ende nur eine einzige Wahrheit: der Nutzer bestimmt das Keywordset. Wäre es anders, könnten sich alle SEOs getrost jegliche Keywordrecherchen ersparen und ihre Zeit in andere nützliche Aufgaben investieren.

Es spielt keine Rolle, ob ein Eisverkäufer für „Himbeereis“ gefunden werden will. Suchen die Nutzer nach „Vanilleeis“, wird die gesamte Kampagne scheitern. Am Ende wird die Website für das ersehnte Keyword möglicherweise grandiose Platzierungen aufweisen können, doch Umsätze werden dadurch nicht generiert.

5. Gute Rankings des Keywordsets haben nichts mit den Besucherzahlen zu tun

Da liegt nun diese Liste vor uns. Zwanzig Begriffe, deren Positionen nach vielen Mühen nun alle im einstelligen Bereich liegen. Unsere durchoptimierte Website darf nun bei einer exakten Suche die erste Ergebnisseite zieren. Zwanzig keywordoptimierte Unterseiten warten nur darauf, von Besuchermassen heimgesucht zu werden. Es fallen Sätze wie „für [blablabla] sind Sie auf Platz 2“. Und trotzdem bleibt die Linie, die uns die Entwicklung der Besucherzahlen zeigen soll, so flach wie die Nordseeküste. Wer sich darüber wundert, hat bis hierhin recht wenig begriffen. Nur weil zehn oder zwanzig Keywords augenscheinlich eine gute Position einnehmen, bedeutet das noch lange nicht, dass die Website für die dreihundert oder vierhundert anderen Begriffe, die bisher brav ignoriert wurden, gute Ergebnisse erzielt.

Fazit

Das alles soll kein Plädoyer gegen die Verwendung von Keywords sein. Sie sind wichtige Bestandteile einer Website und ihrer Inhalte. Und sie haben immer noch eine gewisse Berechtigung. Allerdings sollte jeder SEO sehr genau wissen, wie er mit ihnen umzugehen und was er bei ihrer Verwendung zu beachten hat.

Niemals sollte ein SEO den Fehler machen und die vorgegeben Keywords als endgültige Wahrheit betrachten. Stattdessen bietet ihm diese Liste eine einzigartige Möglichkeit: hunderte von potentiellen Suchanfragen abzudecken. Allein eine Liste von zehn Keywords, für die jeweils 20 in Zusammenhang stehende Begriffe gefunden werden, kann mindestens zweihundert potentielle Suchanfragen abdecken. Die tatsächliche Menge wird weitaus höher sein. Doch es zählt die Erkenntnis, dass es unermesslich wichtig ist, sich mit den Begriffen zu beschäftigen.

Jedes einzelne Keyword sollte die Basis für eine intensive Keywordrecherche sein und nicht deren Ergebnis. Betrachtet die einzelnen Einträge in einem Keywordset als Themen, nicht als Füllstoff für den Seitentitel und die H1-Überschrift. Findet gute Keywords, bildet Keyword-Cluster und kombiniert Begriffe auf sinnvolle und gewinnbringende Weise. Das erfordert Zeit, Kreativität und Mühe. Doch am Ende werden euch eure Kunden danken, dass ihr all dies investiert habt.

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