Was ist eigentlich SEO?

Was ist eigentlich Suchmaschinenoptimierung? Eine Frage, die selbst manchen SEO ins Grübeln bringt.

Es gibt Tage, an denen man einfach nicht daran vorbeikommt, sich eingehend mit grundlegenden Dingen zu beschäftigen. Meistens passiert mir das aus gegebenem Anlass. Häufig wirft dann eine Alltagssituation Fragen auf, deren Antwort mir eigentlich immer klar zu sein schien. Oder es handelt sich ganz einfach um einen meiner persönlichen WTF-Momente – so wie in diesem Fall.

„SEO ist dazu da, damit Google eine Webseite besser positioniert“. 

Nein, das ist kein persönliches Statement von mir. Das ist vielmehr der verbale Auslöser eines amtlichen WTF-Moments, den ich neulich im Vorübergehen aufgeschnappt habe. Und neulich heißt in diesem Fall 2017, nicht 2012.
Gleich aus mehreren Gründen läuft mir bei einer solchen Aussage ein eiskalter Schauer des Grauens über den Rücken, weil es mir einfach immer wieder unmöglich erscheint, soviel Unsinn in nur zehn Worte zu verpacken. Und diese doch sehr übertrieben einfache (und dazu noch falsche) Zusammenfassung des Themas hat mich dann doch veranlasst, diesen Artikel zu schreiben.

Was ist Suchmaschinenoptimierung?

Zäumen wir das Pferd lieber einmal von hinten auf. Um wirklich zu klären, was SEO ist, fangen wir damit an zu klären, was SEO nicht ist, nicht sein soll und auch nicht sein kann.

  • SEO ist kein Synonym für „Marketing“
  • SEO ist kein Ersatz für Marketing
  • SEO ist kein kurzfristiges Marketingkonzept
  • SEO ist kein in sich geschlossener Vorgang
  • SEO ist kein rein technischer Vorgang
  • SEO ist nicht dazu da, Rankings zu steigern
  • SEO ist nicht nur Optimierung für die Suchmaschine
  • SEO ist kein Vorgang, der sich an festen Richtlinien orientiert
  • SEO ist kein Vorgang, der nach Schema F funktioniert

Da haben wir doch bereits eine ansehnliche Liste von Punkten, die uns zumindest bei der Identifikation dessen helfen können, was SEO nicht ist. 

SEO ist kein Synonym/kein Ersatz für „Marketing“

Ohne ein vernünftiges Marketing wird jedes Unternehmen heute früher oder später massive Nachteile in Kauf nehmen müssen. Ein geringer Bekanntheitsgrad führt zu weniger Kunden und weniger Kunden führen zu weniger Umsatz und weniger Umsatz führt zu weniger Gewinn. Soweit zur Binsenweisheit.
Darum beauftragen viele Unternehmer eine SEO-Agentur. Die Motivation: SEO ist ja irgendwie Online-Marketing. Richtig, aber SEO ist eben nur ein Teil des (Online-)Marketings und sollte nicht viel mehr sein als einer der Posten in einem durchdachten Marketingplan. Suchmaschinenoptimierung ist kein Ersatz für sorgfältig geplantes Marketing. Und es ist schon gar nicht gleichwertig.

SEO ist kein kurzfristiges Marketingkonzept

Wie  eben bereits angedeutet, ersetzt Suchmaschinenoptimierung kein Marketing, sondern ist lediglich ein Teil davon. Darüber hinaus ist SEO gänzlich ungeeignet, wenn es um schnelle Erfolge geht. Die Optimierung einer Webseite braucht Zeit, um spürbare Auswirkungen zu zeigen. Wenn Sie darüber nachdenken, eine SEO-Agentur zu beauftragen, lassen Sie die Finger von Angeboten, die Ihnen innerhalb von wenigen Wochen Platzierungen auf der ersten Seite von Suchmaschine XY versprechen. Dies ist vielleicht möglich, aber nicht dauerhaft.

Ernsthafte Suchmaschinenoptimierung benötigt sechs bis zwölf Monate, um vernünftige Erfolge zu erzielen. Keine Webseite ist wie die andere und während es einige grundlegende Maßnahmen gibt, die in jedem Falle umgesetzt werden können, benötigt jeder Auftritt eine eigene Strategie, die immer auch vom jeweiligen Geschäftsmodell abhängt. 

Wer schnell erste Besucher (und erste Umsätze) auf seiner Seite benötigt, sollte auf bezahlte Werbung setzen, bis die SEO-Kampagne ihre Ergebnisse voll ausspielen kann.

SEO ist kein in sich geschlossener Vorgang

Eine Fehleinschätzung, die viele Unternehmer machen, ist die Betrachtung einer SEO-Kampagne als in sich abgeschlossene und allein für sich stehende Maßnahme. Diese Fehleinschätzung ist nicht nur falsch, sondern erzeugt in der Regel Erwartungen, die nicht zu erfüllen sind.

SEO ist kein Instrument, welches allein funktioniert und bereits am nächsten Tag zu himmlischen Umsätzen führt. Suchmaschinenoptimierung kann nur als Teil des großen Ganzen funktionieren und geht Hand in Hand mit allen anderen Werbe- und Marketingmaßnahmen.

SEO ist kein rein technischer Vorgang

Ja, SEOs sind technische Menschen, die in der Lage sind, technische Zusammenhänge einer Webseite zu verstehen und in diese Zusammenhänge einzugreifen. Zumindest ist dies meine Wunschvorstellung – und meine Grundvoraussetzung an einen SEO. Doch auch wenn es unter den SEOs begabte „Codefrickler“ und „Hacker“ gibt, ist SEO keine rein technische Angelegenheit.

SEOs benötigen ebenso ein gesundes Bauchgefühl. Sie müssen erkennen können, wenn ein Text schlecht lesbar oder unverständlich ist. Allein aus den Formulierungen – auch branchenfremder Texte – sollte ein SEO erkennen können, wo hohle Phrasen aufhören und echte Informationen beginnen.
Ein SEO sollte erkennen können, wenn die Benutzerführung einer Webseite miserabel ist und die Besucher am erreichen ihrer (und Ihrer) Ziele hindert. Selbstverständlich sollten SEOs dann auch in der Lage sein, einen vernünftigen und wirkungsvollen Lösungsansatz zu einem Problem zu formulieren und umzusetzen.

SEO ist nicht dazu da, Rankings zu steigern

Sind wir mal ehrlich: wie aussagekräftig sind Rankings heute noch? In Zeiten, in denen die Platzierung im Moment der Suchanfrage festgelegt wird, von Benutzer, Standort, Browser und Suchhistorie abhängt und im Prinzip für jede einzelne Suchanfrage neu berechnet wird, spielen Rankings für die Messung des Erfolges einer SEO-Kampagne nur noch eine untergeordnete Rolle. Natürlich kann mit einer Prüfung der Platzierungen ein Trend abgelesen werden. Aber zu mehr taugen Rankings nicht mehr.

Erschwerend kommt hinzu, dass eine gute Platzierung für eine Suchanfrage XY nicht notwendigerweise auch mehr Besucher oder höhere Umsätze beschert. Denn letzten Endes werden Rankings stets für eine spezifische Suchanfrage oder – noch schlimmer – für ein einzelnes Keyword gemessen. Dann ergibt sich eben eine Platzierung unter Anwendung unspezifischer Parameter für dieses eine Keyword. Dies sagt jedoch überhaupt nichts darüber aus, wie die Website für die restlichen hundert, tausend oder zehntausend möglichen Suchbegriffe oder Begriffskombinationen rankt.

Ich denke, damit ist über Rankings an dieser Stelle genug gesagt.

SEO ist nicht nur Optimierung für die Suchmaschine

Ja, es heisst „Suchmaschinenoptimierung“. Aber wir optimieren ja keine Suchmaschine. Und wenn wir es genau betrachten, optimieren wir auch nicht FÜR die Suchmaschine. Zumindest sollten ordentliche SEOs dies nicht ausschließlich tun. Denn sogenannte SEOs, die unspezifische Maßnahmen lediglich durchführen, um dem ahnungslosen Kunden am Ende des Tages ein tolles Ranking (da war es wieder) präsentieren zu können, sollten ernsthaft über einen Berufswechsel nachdenken. 

Die Optimierung von Webseiten muss stets aus zwei Blickwinkeln betrachtet werden, einem wichtigen und einem weniger wichtigen. Der weniger wichtige Aspekt sind Suchmaschinen. Als SEOs sind wir dafür verantwortlich, dass eine Suchmaschine (und das ist keineswegs immer nur das große „G“) eine Website vernünftig erkennen und crawlen kann, dass alle Inhalte verfügbar und sämtliche notwendigen Daten vorhanden sind. Wir achten auf die Qualität der Bilder und der Texte, zeichnen Dokumente mit strukturierten Daten aus und verlinken die einzelnen Unterseiten möglichst sinnvoll. Kurz: wir tun unser Bestes, um der Maschine zu erklären, worum es eigentlich geht.

Wir viel wichtigere Aspekt ist jedoch der Mensch, der die Seite nachher besucht. Die Suchmaschine wird in unserem Shop nichts kaufen. Sie wird auch kein Kontaktformular ausfüllen und keine Anfrage stellen. Und einen Auftrag wird sie uns auch nicht erteilen. Dies alles tut der Mensch. Und wenn unsere Besucher keinen Zugang zur Website finden oder diese – aus welchen Gründen auch immer – nicht benutzen können, können wir so gut für die Suchmaschine optimiert haben, wie wir möchten. Es wird vergebens gewesen sein.

SEO ist kein Vorgang, der sich an festen Richtlinien orientiert

Der Straßenverkehr folgt festen Richtlinien. Fahre ich bei Rot über die Ampel, werde ich bestraft (wenn ich es überlebe). Programmieren folgt festen Richtlinien. Wenn ich diesen nicht folge, wird der Computer nicht verstehen, was ich ihm sagen möchte.
Suchmaschinenoptimierung hingegen lässt sich nicht so einfach in ein Korsett aus Richtlinien stecken. Was für die eine Webseite wunderbar funktioniert, kann bei einer anderen Webseite schief gehen. Die Contentstrategie für eine Rechtsanwaltskanzlei ist eine vollkommen andere als für einen Onlineshop – und eine andere Rechtsanwaltskanzlei. In Zeiten lernender Maschinen und künstlicher Intelligenz gibt es keine festen Regeln mehr, die anzuwenden sind, um jedes beliebige SEO-Projekt zum Shootingstar zu machen. Denn

SEO ist kein Vorgang, der nach „Schema F“ funktioniert

Natürlich können wir uns drei oder vier Seiten ansehen und daraus einen Satz von Regeln formulieren, die wir dann auf jede andere Website anwenden. Wir können strikt jedes Dokument auf ein einzelnes Keyword optimieren und dieses brav an der ersten Stelle des Seitentitels einfügen. Vielleicht gibt uns das ein gutes Gefühl, aber es wird uns keine guten Ergebnisse garantieren. Jeder, der einmal eine Suchmaschine (insbesondere Google) benutzt hat, wird schnell zu dieser Erkenntnis gelangen.
Gebt einen beliebigen Suchbegriff ein und fragt euch dann, wieso Ergebnisse angezeigt werden, die den Suchbegriff nicht an erster Stelle im Seitentitel tragen. Fragt euch auch, wieso dort Ergebnisse angezeigt werden, die den Suchbegriff überhaupt nicht im Title tragen. Und wenn ihr euch dabei ertappt, dass ihr euch das fragt, dann fangt an zu verstehen.

Dennoch kommen diese Richtlinien allenthalben vor. Das Keyword gehört an die erste Stelle in den Title, das Keyword gehört in die H1 und es gehört in die H2 (und wehe die H2 steht vor der H1). Und dann gehört es selbstverständlich noch zu mindestens vier Prozent in den Text, damit wir auch die richtige Keyworddichte erreichen. Und jetzt bitte noch WDF*IDF und mein WTF*IDC ist wieder erfüllt.

SEO ist nicht das Umsetzen von Richtlinien. Es ist nicht „Schema F“. Und wenn die oben genannten Regeln für die eine Seite funktionieren sollten, tun sie das vielleicht noch für eine zweite. Aber sie tun es nicht für alle. Sonst würden die Suchergebnisse alle gleich aussehen, sämtliche Webseiten wären gleich „optimiert“ und niemand bräuchte mehr einen SEO – geschweige denn eine ganze Agentur.

Es bleibt letztlich nur die eine entscheidende Frage:

Was ist SEO?

Suchmaschinenoptimierung ist in erster Linie ein Vorhaben, welches Zeit benötigt. Aus diesem Grunde sollte jeder Unternehmer, der eine SEO-Agentur beauftragt, mindestens sechs Monate einrechnen, bis die ersten echten Erfolge zu sehen sind. Und diese Erfolge zeigen sich nicht in Rankings oder Platzierungen, sondern in Besucherzahlen und Conversions. Denn am Ende sind das die Größen, die interessieren. Position 1 auf Google füllt keine Kasse. Es ist der zufriedene Besucher, der einen Kauf über die Webseite tätigt und so Geld in die Kasse bringt. Und sowohl dieser Besucher als auch die Suchmaschine, die ihn auf eure Webseite gebracht hat, wollen durch uns SEOs bedacht sein. Es liegt in unserer Hand, eine Webseite benutzerfreundlich zu machen und gleichzeitig für Suchmaschinen interessant.

SEO ist auch nicht das Befolgen von Regeln, ohne diese zu hinterfragen. Grundsätzlich sollte alles geprüft und hinterfragt werden, was mit SEO zu tun hat. Testen, Experimentieren und Analysieren – davon lebt die Suchmaschinenoptimierung. Wenn wir nicht testen und experimentieren, erhalten wir keine neuen Erkenntnisse. Wenn wir keine neuen Erkenntnisse erhalten, treten wir auf der Stelle und entwickeln uns nicht weiter. SEO braucht das Experiment, braucht die Analyse und muss sich so stetig weiterentwickeln, wie auch der Optimierer sich ständig weiterentwickeln muss. 

Dazu gehört auch das selbständige Informieren. Da draußen gibt es mehr Quellen zum Thema Suchmaschinenoptimierung, als wir ausschöpfen können. Nutzen wir sie! Jeder SEO sollte lesen und das so oft wie möglich. Abonniert Newsletter und Feeds, nutzt soziale Netzwerke, folgt guten Blogs von anerkannten Experten im Online-Marketing-Bereich. MOZ und Stonetemple sind gute Quellen. Neil Patel, Bastian Grimm und Karl Kratz sind gute Quellen. Und achtet auch einmal auf den ein oder anderen Kommentar von Johannes Müller oder Gary Illyes, beide Webmaster Trends Analysten bei Google. Beteiligt euch an den regelmäßigen Google Webmaster Hangouts, stellt eure Fragen und hört den Antworten auf Fragen anderer SEOs und Webmaster zu. Es ist fast nicht möglich, ein Hangout zu verfolgen, ohne nicht mindestens eine neue Informationen mitzunehmen, die euch beim nächsten Projekt helfen wird. Lest und hört.

SEO ist nicht statisch. Was heute funktioniert, kann morgen „Old School“ sein. Übermorgen wird es „Old School“ sein und durch neue Erkenntnisse und bessere Methoden ersetzt werden. Und nur weil es immer noch SEOs gibt, die diesen Entwicklungsprozess nicht mittragen wollen oder können und sich vielleicht noch auf dem „das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht“-Prinzip ausruhen, müsst ihr das nicht auch tun. 

Bleibt nicht stehen.

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